„Computer“ – so lautete der Titel des diesjährigen Sommer-Konzerts von Cajazzo am Freitag, dem 2. Juni 2023, in der Mensa des CAG. Trotz des „digitalen“ Titels (der von dem gleichnamigen Stück von Robert Mintzer, welches eigentlich das Konzert beschließen sollte, übernommen wurde) kamen vor allem Fans hochkarätiger „analoger“ Jazz-Musik auf ihre Kosten: Bei dem Ensemble, das am CAG beheimatet ist, aber schon seit längerem von Musiker:innen aus der Region verstärkt wird, standen die klassischen Werte des Jazz im Mittelpunkt: Musikalische Kreativität in der Gemeinschaft, Virtuosität, das Wechselspiel zwischen Gruppe und Solist:innen, die Band als Einheit – und natürlich jede Menge Groove.
Für Cajazzo war es erst das zweite Sommerkonzert nach der pandemiebedingten Zwangspause. Und auch diesmal überzeugte das Ensemble unter der Leitung von Thomas Stanko mit einer energiegeladenen Mischung: Mit „Chicken“ von Jaco Pastorius und seinen extravaganten Bläsersätzen wurde gleich zu Beginn ein erstes Ausrufezeichen gesetzt: „Achtung, das wird ein ungewöhnlicher Abend!“.
Ein „Fundstück“ aus der Musikgeschichte schloss sich an: Lionel Richie ist sonst vor allem als äußerst erfolgreicher Sänger bekannt. Dass er in jungen Jahren auch eingängigen Jazz mit leichtem Pop-Appeal schreiben konnte, bewies die Band mit seinem Stück „Brickhouse“ aus dem Jahr 1977. Eher in gewohnte Gefilde führte anschließend der Standard „Recorda Me“ von Joe Henderson zurück – eine entspannte Nummer, die wie geschaffen für diesen Frühsommerabend schien. Der Klassiker „What is this thing called Love?“ von Cole Porter wurde so virtuos und zugleich leicht und entspannt dargeboten, dass trotz des Titels keine Fragen offen blieben – auch nicht die nach dem Alter: Dass das Stück aus dem Jahr 1929 ist, spielte angesichts des modernen Zugangs keine Rolle.
Abwechslungsreich und mit viel Groove ging es weiter: „Don’t you worry ´bout a thing“ von Stevie Wonder punktete mit Rhythmus und ganz viel Soul. „I believe I can fly“ von Robert Kelly gewährte hingegen intensive, ruhigere Momente, bevor wieder die Kernkompetenzen von Cajazzo zum Tragen kamen: Wuchtige Bläser, mächtiger Groove und natürlich Funk. Die Warnung „There’s only so much Oil in the Ground“ von der Band „Tower of Power“ ist heute aktueller denn je. Abgesehen davon macht der Song aber auch einfach Spaß. Genau darum geht es auch in dem titelgebenden Stück „Computer“ von Robert Mintzer, das in leicht ironischer Weise die Tücken der digitalen Technik anspricht: Am Anfang steht die locker-flockige Freude über das scheinbar tadellos funktionierende Gerät. Wir alle wissen, was kurz danach kommt: Unerwartete Situationen, zunehmende Hektik, am Ende leichtes bis mittelschweres Chaos. Cajazzo gelang es, dieses Wechselbad der Gefühle musikalisch perfekt umzusetzen – und dabei natürlich im Gegensatz zu manchen Nutzern der digitalen Technik souverän die Kontrolle zu behalten.
Dass das Publikum diesem Jazz-Vergnügen der Extraklasse noch mehr wollte, versteht sich von selbst. Die Zugabe „Summertime“ (im Original von George Gershwin) schuf nicht zuletzt durch den herausragenden Gesang von Liana Ijjo eine besondere, träumerische Stimmung. Ein würdiger Abschluss für einen besonderen Abend. Beeindruckend war zuvor auch der Auftritt der „JazzTeens“, sozusagen des Nachwuchs-Ensembles von Cajazzo. Hier zeigten sehr junge musikalische Talente von unserer Schule im präzisen Zusammenspiel als Gruppe oder mit bemerkenswerten Soli ihr besonderes Können. Mit dem bekannte „Cupid Shuffle“, „Freddy Freeloader“ von Miles Davis oder „Blue Beamer“ bewies die Band, dass Groove durch Präzision und gekonntes Zusammenspiel entsteht. Zwei Gegensätze beendeten den Auftritt: „Boom Boom“ von John Lee Hooker (im Original eine laute, rauhe Bluesrock-Nummer) und das eher zurückhaltende, aber musikalisch herausfordernde „Isn’t she lovely“ von Stevie Wonder zeigten das breite musikalische Spektrum der Jazz-Talente.